Ein paar Worte vorweg: Mit dieser Seite habe ich mir schon viele Sympathien verscherzt von Freunden des Balletts und Menschen, die diese schöne Kunst lieben und ausüben.

Um einem Irrtum vorzubeugen: Ich möchte mit meiner offenen Kritik nicht Ballett als solches an den Pranger stellen, sondern zu einem konstruktiven Dialog einladen beziehungsweise Denkanstöße geben. Denn ich meine, gerade wenn man etwas liebt, ist es wichtig, es nicht blind zu verteidigen, sondern auch Schwachstellen zu erkennen, und, wenn irgend möglich, zu beseitigen.

Niemand, der sich berufen fühlt zu tanzen, wird sich durch die negativen Aspekte davon abhalten lassen. Aber manche unschönen Seiten dieses Berufes müssten einfach nicht sein, wenn es ein stärkeres - auch öffentliches! - Bewusstsein für die heiklen Seiten gäbe, dazu mehr Mut, sie zu benennen und mit ihnen kreativ und produktiv umzugehen, statt sie auszublenden.

Lieber Ballett als Blockflöte

  Maja in der Elevinnenklasse

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Meine Großmutter war an allem schuld: Wäre sie nicht auf die Idee gekommen, ein bißchen Bewegung und eine bessere Haltung könnten mir nichts schaden, wäre ich nie zum Ballett gekommen. Denn eigentlich hätte ich lieber Klavierspielen gelernt. Da man mir als Kompromissvorschlag aber nur das Blockflötenspiel anbot, ging ich dann doch lieber mit elf Jahren ins Kinderballett.

Maja in der Elevenklasse

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Und fraß einen Narren dran. Mit zwölf Jahren wusste ich schon, ich werde Tänzerin.

Mit knapp achtzehn Jahren meldete ich mich eigenmächtig zur Eignungsprüfung, bestand sie und wurde in die Elevinnenklasse der Bayerischen Staatsoper aufgenommen. Zur nächstmöglichen Gelegenheit verließ ich das Gymnasium, um meinen Wunschtraum zu verwirklichen.

Vom Wunschtraum zum Alptraum

  Maja im Tütü

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Ehrlich gesagt - er wurde für mich bald zum Albtraum. Was ich damals nie offen eingestehen konnte, denn alle (!) hatten mich davor gewarnt, diesen Schritt zu tun. Aber:

  • Ich war zu alt - 18 Jahre.

  • Ich war zu dick - 55 Kilo bei 1,68 Meter.

  • Und ich hatte zwar einen »tollen Ballon« und war sehr »auswärts« - ich konnte also wie ein Superball springen und die Beine wie Chaplin nach außen drehen. Nur waren meine Gelenke dem harten Ballett-Training mit seinen anatomisch fragwürdigen Bewegungen nicht gewachsen. Die Gelenke begannen bald zu schmerzen, die Knie knirschten erbärmlich, und irgend ein Arzt meinte nach Begutachten einer Röntgenaufnahme, meine Knochen seien schon gut dreißig Jahre älter als ich.

 

Das Ende mit Schrecken

Maja mit Schanzscher Krawatte

Nach einigen Jahren, in denen ich meine Zweifel an der richtigen Berufswahl erfolgreich verschwiegen und verdrängt hatte, nahm mir ein Verkehrsunfall die Entscheidung ab - ich musste aufhören, und das war, im Rückblick betrachtet, auch gut so. Ich habe es nie bedauert, Tänzerin geworden zu sein, aber ich würde den Beruf nicht ein zweites Mal wählen.

Meine Haltung zum Ballett ist heute sehr viel differenzierter als vor zwanzig Jahren. Ich sehe es inzwischen als Glück an, sehr jung die Chance bekommen zu haben, etwas Neues und ganz anderes anfangen zu können - auch wenn mir der Abschied damals extrem schwer fiel. Und mit einem Riesenbogen von 27 Jahren bin ich wieder beim Thema Ballett gelandet, mit einem neuen Buch.

Leben im Kokon

  Maja beim Vortanzen

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Die meisten Tänzerinnen und Tänzer leben wie in einem Kokon in ihrer Ballettwelt. Sie empfinden ihren Beruf als Berufung, sie interessieren sich fast ausschließlich für »ihre« Welt, und sie fragen nicht nach dem »Danach«. Aber irgendwann kommt dieses Danach unweigerlich, und heute kann das bei Gruppentänzerinnen schon nach fünf Jahren Engagement in einer Truppe sein. Es gibt keinen Beruf auf der Welt, bei dem eine so lange Ausbildungszeit einer so extrem kurzen Berufszeit gegenüber steht!

Dann steht ein junger Mensch, der möglicherweise für seinen Lebenstraum die Schulausbildung vernachlässigt hat, vor dem Nichts. Wer professionell tanzt, hat in der Regel keine Zeit, Kontakte zu "normalen" Menschen zu pflegen. Vieles, was für andere selbstverständlich ist, bleibt auf der Strecke: keine Tanzstunde, keine erste Liebe, kein Führerschein, kein Urlaub, keine Interessen für anderweitiges Engagement. Die Kunst ist eine sehr einseitige Sache...

Keiner fragt, was später kommt

Maja gemütlich im Spagat

Endet die Ballettkarriere, dann steht die Tänzerin oder der Tänzer oft ganz allein da - denn solange Tänzerinnen und Tänzer noch aktiv sind, suchen sie keinen Kontakt zu denen, die ihnen den Spiegel ihrer eigenen Zukunft vor Augen halten.

Mein Leben hat eigentlich erst in dem Moment richtig begonnen, als ich mich von den seelischen und körperlichen Folgen des Unfalls erholt und Abstand vom Ballett gewonnen hatte. Ich entwickelte zahlreiche Interessen, lernte einen »bürgerlichen« Beruf, holte nach, was ich versäumt hatte, konnte wieder essen, worauf ich Lust hatte, hatte endlich einen Körper, den ich nicht nur beherrschen, trainieren und zu Höchstleistungen zwingen musste, sondern den ich auch genießen konnte.

(Klassisches) Ballett hält ungute Ideale hoch

Ich lehne das klassische Ballett nicht per se ab. Es ist wunderschön anzusehen und etwas sehr Ästhetisches. Aber leider ist es eine nicht unproblematische Kunst. Besonders für Frauen werden beim klassischen Tanz Ideale hochgehalten, die ich als gefährlich empfinde, die man stärker hinterfragen müsste, zum Beispiel:

  • den Druck, extrem schlank zu sein,
  • den eigenen Körper zu beherrschen und seine Signale zu ignorieren,
  • auf allen Ebenen zu funktionieren,
  • nicht zu widersprechen, sondern sich unterzuordnen,
  • keine eigenen Gedanken zu entwickeln, und und und ...

Nur ein negativer Aspekt von vielen ist der, daß viele junge Mädchen im Ballett Essstörungen entwickeln. Das sollte zu denken geben - speziell, wenn dann die Leiter mancher Ballettschulen dieses Problem ignorieren, negieren oder herunterspielen.

Exkurs zum Thema Schlankheitswahn und Ballett

Ein Blick ins Fotoalbum mit Porträts von Auftritten

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Dance for all - ein empfehlenswertes Projekt

  Vorm Auftritt im 'Irrenhaus'

 

Maja (vorn im Spagat mit Perücke) mit den anderen Elevinnen der Bayrischen Staatsoper in der Garderobe vor einem Auftritt.