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Michael Lohmann: Das BLV Igelbuch Pflege | Schutz | Überwintern Dass dieses Buch von einem so engagierten wie kundigen Naturschützer verfasst wurde, merken aufmerksame Leser sofort. Der 2013 verstorbene Biologe Michael Lohmann hat sein »BLV Igelbuch« so aufgebaut, dass unerfahrene Igelfinder vermutlich zunächst einmal die erste Hälfte ganz überblättern und sich leider gleich auf das Kapitel »Igel in Pflege« stürzen. Das ist nachvollziehbar, wenn man sich zum ersten Mal einem kleinen stacheligen Kameraden gegenüber sieht und nach fixer Erster Hilfe sucht. Aber in Zeiten des Internet findet man die beste, weil aktuelle Fachlektüre bei Experten wie denen von Pro Igel e.V. Gerade die ersten 65 Seiten dieses Buches sind es aber, die sich dem essentiellen Bereich der Prävention, also dem Umgang mit dem Wildtier Igel widmen und seinem heute so veränderten Lebensraum. Und genau das Thema kommt in den meisten Igel-Ratgebern zu kurz. Für artgerechte (hier: igelfreundliche) Gärten und Landschaften ist bzw. war Lohmann ausgewiesener Fachmann. Wenn auch manchmal etwas abschweifendend fördern die Ausführungen des Autors doch das Verständnis für Zusammenhänge, die Laien nicht immer präsent sein mögen. So sind Igel zwar Kulturfolger und leben gern in Gärten von Menschen, die der Natur noch Raum lassen. Aber es können sich in unserer zerschnittenen Kulturlandschaft auch – wie auf Inseln – kleine Populationen bilden, was problematisch werdem kann: »Ohne Zuwanderung«, so Lohmann, »fehlt der für eine gesunde und widerstandsfähige Population nötige Genaustausch«. Sinkt die Zahl der einzelnen Tiere unter ein bestimmtes Niveau, gibt es dort wohl irgendwann keine Igel mehr. Als Naturschützer regt der Autor bei Gartenbesitzern wie bei »Institutionen, denen die Nutzung und Pflege der Landschaft anvertraut sind« an, mehr Vielfalt zu fördern. So kurz wie brillant fasst er zusammen, worum es eigentlich geht, nämlich »um ein ökonomisch sinnvolles Unterlassen, Nichtstun«. Und spricht Umweltfreunden aus der Seele, wenn er als Beispiel die üblichen Pflegearbeiten u.a. an Straßenrändern und Bahnböschungen anführt, die einer »Verbuschung« vorbeugen sollen, die in vielen Fällen die ökologisch bessere Lösung wäre. Lohmann hinterfragt auch das nicht immer unproblematische Verhältnis von Kind und Igel, ohne Eltern Verhaltensvorschriften aufzudrücken. Er nennt Betätigungen, über die Kinder einen artgerechten und verantwortungsvollen Umgang mit dem Tier pflegen und dabei Erfahrungen mit der Natur sammeln können. Weniger gelungen ist der Praxisteil des Buchs. Neben einer Reihe allgemeiner, durchaus guter Ratschläge ist manches auch veraltet. So etwa die Empfehlung, gegen Lungenwürmer Citarin zu spritzen – das Medikament ist längst vom Markt –, oder schlimmer noch: Telmin KH unters Futter zu mischen. Igel-Experten warnten schon vor Jahren vor diesem Wirkstoff, der sehr häufig Durchfall und Futterverweigerung auslöst. Auch sollte man einem Igel für sein Winternest in menschlicher Obhut als Alternative zu zerknülltem Zeitungspapier nie »natürlichere Materialien« wie »nicht zu grobes Heu« anbieten. Durch Feuchtigkeitsbildung können Stroh, Heu, Laub etc. schimmeln; die Übertragung von Bakterien, Hautpilz- und Neubefall mit Parasiten drohen. Und rätselhaft bleibt, warum in einem Buch von 2013 die im Anhang aufgeführten Adressen von Igelvereinen auf dem Stand von 2007 sind. Fazit: Die hervorragenden naturkundlichen Infos und die schönen Fotos sind es unbedingt wert, dieses Buch zur Hand zu nehmen; wer sich allerdings kompetente und schnelle Hilfe beim Fund von hilfsbedürftigen Igeln verspricht, kann bessere Quellen finden. BLV Buchverlag München 2013, 112 Seiten, ISBN 978-3-8354-1000-8. |