Kleiner Guide durch den Dschungel der ErnährungsliteraturLesen, staunen, lernen, essenDas Angebot an Ratgebern zu Ernährungsthemen ist für Laien kaum überschaubar. Ich bespreche hier drei mal sieben Bücher, die mir empfehlenswert erscheinen – vom Ernährungslexikon bis zum Kochbuch für Essgestörte. von Maja Langsdorff Im Ursprung steuerten Schlüsselreize unser Ernährungsverhalten. Der Geschmackssinn half unseren Urahnen, Zuträgliches von Gefährlichem zu unterscheiden; ihr Appetit ließ sie im Idealfall aus der Fülle des natürlichen Angebots das wählen, was nicht nur satt machte, sondern auch den Körper mit essenziellen Nährstoffen versorgte. In Zeiten von Fast und Junk Food, Lebensmittelskandalen und Schlankheitswahn aber versagt der Instinkt; die Ernährungsfrage lösen viele über den Kopf. Kein Wunder, dass Bücher, die sich dem Themenkomplex Essen und Ernährung widmen, immer gefragt sind. Für unseren Literaturüberblick haben wir einundzwanzig Ernährungsratgeber herausgepickt, die sich auf unterschiedliche Weise mit der habhaften Materie auseinandersetzen.
Die Klassiker unter den NachschlagewerkenGesund essen, bewusst leben lautet der programmatische Untertitel des mehr als 700 Seiten dicken Brockhaus Ernährung (Brockhaus Verlag, 3. Auflage 2008, 49,95 Euro). Das fast zwei Kilo schwere Nachschlagewerk aus dem renommiertem Verlagshaus ist praxisorientiert und thematisch breit angelegt – ideal für Einsteiger. Es gibt zu 3500 Stichworten von Aal bis Zytostatika Auskunft, bündelt Informationen zu Lebensmittelkunde, Küche, Diätetik und Gesundheit, handelt in längeren Aufsätzen sich Schwerpunktthemen wie Gentechnik, Krebsvorsorge oder Übergewicht ab. Ein gut bebildertes Taschen-Lexikon ist der dtv-Atlas Ernährung (dtv, 2000, 12,50 Euro). Kurz und knapp werden darin zum Beispiel Nahrungsmittel charakterisiert: Was steckt drin, wie werden sie hergestellt, verwendet, verarbeitet, gelagert? Der Band vermittelt neben Grundbegriffen der Ernährungslehre Wissen über ernährungsbedingte Krankheiten, Ernährungsformen und gibt Empfehlungen. Wer mit Fachtermini vertraut ist und nach ernährungswissenschaftlichen Informationen sucht, findet sie im Thieme Taschenatlas Ernährung von Hans Konrad Biesalski und Peter Grimm (Thieme Verlag, 2007, 32,95 Euro). Das kompakte Lexikon ist keine leichte Kost – es liefert Grundlagenwissen in prägnanter, gut illustrierter Form. Als Ergänzung dazu bietet sich, aus dem gleichen Verlag und vorrangig für Fachleute wie Mediziner, die Checkliste Ernährung von Paolo M. Suter an, ein daten- und faktenreiches Handbuch zu Nahrungsbestandteilen, Krankheitsbildern, die mit der Ernährung zusammenhängen und Ernährungstherapie (Thieme Verlag, 2008, 34,95 Euro). Ratgeber für LaienÖkotrophologische Laien sind besser mit dem Standardwerk Burgersteins Handbuch Nährstoffe (Haug Verlag, 11. Auflage 2007, 39,95 Euro) bedient. Übersichtlich, gut verständlich und ausführlich erklärt es, wie welche Nährstoffe, Spurenelemente und Mineralien im Körper wirken, was bei bestimmten Krankheiten empfehlenswert und was schädlich ist. Andreas Jopps neuer Ratgeber Risikofaktor Vitaminmangel verrät, wie Vitamine und Mineralstoffe den Organismus beeinflussen, wie sie als »Gesundheitsversicherung« agieren und die Leistungsfähigkeit steigern können (Haug Verlag, 3. Auflage 2008, 17.95 Euro). Über die Wechselbeziehung zwischen Ernährung und Problemen mit Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin und Verdauung, ist viel geforscht worden. Als Gegenmittel aus der Natur werden so genannte bioaktive Substanzen empfohlen – das sind Stoffe, die Pflanzen produzieren, um sich beispielsweise vor Schädlingen, Kälte und Trockenheit zu schützen oder ihr Wachstum zu regulieren. Der handliche Einkaufsführer Bioaktive Substanzen von Claus Leitzmann und Kathie Dittrich erläutert die Wirkung dieser Stoffe, gibt Einkaufs- und Verarbeitungsempfehlungen (Haug Verlag, 2003, 7,95 Euro). Hintergrundwissen zum gleichen Thema liefert ein Fachbuch, das Leitzmann gemeinsam mit Bernhard Watzl verfasst hat: Bioaktive Substanzen in Lebensmitteln (Hippokrates Verlag, 2005, 34,95 Euro). Um sekundäre Pflanzenstoffe geht es auch in Krebszellen mögen keine Himbeeren von Richard Béliveau und Denis Gingras (Kösel Verlag, 2007, 19,95 Euro). Die Autoren propagieren regelmäßigen Genuss von &raqzo;Nutrizeutika«, Nahrungsmitteln wie Kohl, Knoblauch, Kurkuma, grüner Tee, Tomaten und Zitrusfrüchten, denen krebshemmende Eigenschaften zugesprochen werden. Kritisch steht Kathrin Burger der These gesund erhaltender Gaumenfreuden gegenüber. Die Ernährungswissenschaftlerin und Journalistin nimmt in ihrem ernüchternden Buch Die Vollkornlüge und andere Ernährungsmärchen Ernährungstipps und Gesundheitsversprechen unter die Lupe, und unversehens enttarnt sie manche »Erkenntnis« als Hypothese – das Gesundheitspotential der Nahrung werde im Vergleich zu anderen Risikofaktoren stark überschätzt (Herder, 2008, 12,95 Euro). In Functional Food – 99 verblüffende Tatsachen, analysiert Annette Sabersky kritisch, ob »Functional Food« und »Nutraceuticals« – eingedeutscht etwa: Lebensmittel mit Zusatznutzen und Medizinnahrung – das halten, was die Hersteller versprechen (Trias, 2008, 12,95 Euro). 3,2 Milliarden Euro lassen sich die Konsumenten jährlich Wellnesswasser, probiotisches Joghurt, Omega-3-angereicherte Eier, cholesterinsenkende Margarine und Co. kosten – dieses Buch gibt Antworten auf die Frage, ob sich das wirklich rechnet. Hier werden »Lügen« aufgedecktAufklärerische Werke führen gern das Wort »Lüge« im Titel, so auch Hans-Ulrich Grimms etwas andere, journalistisch-unterhaltsame Ratgeber wie der Bestseller Die Suppe lügt, in dem der Stuttgarter Ernährungskritiker über Täuschungsmanöver der Nahrungsmittelindustrie berichtet, die auch hartgesottenen Essern den Appetit verschlagen können (Knaur, 2008, 8,95 Euro). In der Kalorienlüge hinterfragt er, wie das Gehirn das Gewicht reguliert und durch chemische Zusätze im Essen dabei manipuliert wird – was sich dann in überflüssigen Pfunden manifestiert (Dr. Watson Books, 2007, 19,80 Euro). Wer mehr erfahren will über die Stoffe, die sich hinter ominösen E-Nummern verbergen, wird umfassend informiert in Grimms Handbuch Echt künstlich, das gleichzeitig über Risiken und Nebenwirkungen von Gummibärchen, Fertigsuppen und Cola-Light aufklärt (Dr. Watson Books, 2007, 19,80 Euro). Während bei Grimm mancher sein Fett weg bekommt, verhilft Brian Wansinks wissenschaftlich fundiertes und dennoch sehr vergnüglich zu lesendes Buch Essen ohne Sinn und Verstand zur Selbsterkenntnis (Campus, 2008, 17,90 Euro). Es entlarvt die kleinen alltäglichen Stolperfallen beim Essen, zeigt wie Speisekartenlyrik und Fantasienamen blenden und nimmt den Leser mit auf eine spannende Suche nach der Wechselwirkung von Essen, Psychologie und Marketingstrategien. Unterhaltsamen Lesestoff garantiert auch Udo Pollmers neues Buch Wer gesund isst, stirbt früher (BLV Buchverlag, 2008, 12,95 Euro). Mit Co-Autorin Monika Niehaus gibt der prominente, quer gebürstete Ernährungsspezialist »gepfefferte Antworten auf delikate Ernährungsfragen«, und das nicht immer bierernst: »Was muss man schlucken, damit man bei einer Polizeikontrolle nach reichlich Alkohol nicht den ‘Lappen’ verliert? Den Autoschlüssel. Und zwar vor Fahrtantritt.« Allgemeine und ernsthaftere Fragen rund ums Essen – macht Fett fett, warum nehmen Essstörungen zu, ist vegetarische Kost gesünder? – beantwortet Ulrike Gonders Taschenbuch Ernährung – Wissen was stimmt (Herder, 2008, 7,95 Euro) und kommt zum Fazit: Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme, eine einzige »richtige« Ernährung gibt es nicht. Alternativen zu den normalen EssgewohnheitenMeist bestimmen nicht allein Geschmacksvorlieben und Gesundheitsgedanken, sondern auch ethische, religiöse oder weltanschauliche Überlegungen den individuellen Speiseplan. Alternative Ernährungsformen, so auch der Buchtitel, stellt das Autorentrio Claus Leitzmann, Markus Keller und Andreas Hahn vor (Hippokrates Verlag, 2005, 34,95 Euro). Das anspruchsvolle Nachschlagewerk, das einen Bogen von der Ernährungslehre im Ayurveda und Vegetarismus bis hin zu Fit for Life und Vollwertkost spannt, geht chronologisch und systematisch der Entwicklungsgeschichte einzelner Kostformen nach, arbeitet Charakteristika heraus und bewertet sie ernährungsphysiologisch. Gesunde Ernährung und gute Küche vertragen sichUnbedingt lesenswert sind drei Bücher, die sich nicht nur mit der theoretischen, sondern auch der (küchen)praktischen Seite der Ernährung befassen. Günter Reich und Silke Kröger haben ein Kochbuch für Menschen mit gestörtem Essverhalten veröffentlicht: Essstörung – Gesunde Ernährung wiederentdecken (Trias, 2007, 19,95 Euro). Darin geht‘s nicht nur um Rezepte – es werden auch Wege zurück in die Normalität aufgezeigt, etwa wie man wieder unverkrampft mit Lebensmitteln umgehen oder sich vor Heißhungeranfällen und Essattacken schützen kann. Eingestreute Betroffenenbeiträge spiegeln authentisch die Empfindungen und Schwierigkeiten Essgestörter wider. Vom Essen, Trinken und Leben betiteln Ruediger Dahlke und Dorothea Neumayr ihr Kochbuch »für alle Lebenslagen« wie Stress, gute Laune, Altern oder Fastenbrechen (Haug Verlag, 2007, 19,95 Euro). Der Arzt und die vom Gault Millau mit drei Hauben dekorierte Amateurköchin zelebrieren eine von Niveau und Natürlichkeit, Genuss und Sinnlichkeit geprägte Kochkunst. Für wissbegierige Gourmets schließlich ist Hervé This-Benckhards erhellender und erheiternder Doppelband Rätsel und Geheimnisse der Kochkunst Pflichtlektüre (Piper Verlag, 2001, 10 Euro). Wer in der Küche nicht allein Intuition und Fantasie walten lassen, sondern sich beim Kochen naturwissenschaftlich absichern möchte, erfährt Erstaunliches über chemische, molekulare und physikalische Reaktionen in Kochtopf, Schüssel und Backofen – und wie man sie nutzen kann, etwa um nie wieder zu erleben, wie ein mustergültig aufgegangenes Soufflé nach kurzem kollabiert. |