Die Geliebte
In der BoD-Edition als »Buch des Monats«  Oktober 2005 neu aufgelegt: Maja Langsdorff am BoD-Messestand

Was es heißt, die Andere zu sein

Maja Langsdorff am BoD-Stand
auf der Frankfurter Buchmesse

Fotos: Peter Tkocz

Raus aus der Opferrolle!

Das Schicksal der Geliebten

Inmitten unserer Gesellschaft führen zahlreiche Frauen ein Leben im Schatten. Als Geliebte eines verheirateten Mannes geraten sie in einen Teufelskreis aus Abhängigkeiten, Isolation und Heimlichkeit. Maja Langsdorff, Autorin des Buches »Die Geliebte«, geht von mindestens 1,5 Millionen Frauen aus, die gegenwärtig als Geliebte leben. So erklärt sich auch der große Erfolg ihres Buches, das seit Jahren den Betroffenen hilft und die Gesellschaft für dieses wichtige Thema sensibilisiert. Nun liegt eine aktualisierte Neuauflage vor. Ein Interview mit der Autorin.

Sie haben im Rahmen ihrer Recherche mit Hunderten von Frauen gesprochen. Gibt es die typische »Geliebte«?

Typisch ist für viele Geliebte, dass sie »halbemanzipiert« sind: Nach außen wirken sie selbstständig, unabhängig, selbstbewusst. Der Beruf hat einen hohen Stellenwert in ihrem Leben und dient ihrer Selbstverwirklichung: über ihn beziehen sie Anerkennung, Befriedigung, Selbstbestätigung. Buchmesse-Interview Innerlich aber tragen sie noch sehr traditionelle Anteile in sich, sind »ganz Weibchen« und gehen völlig auf in der Beziehung zum verheirateten Freund, den sie als »große Liebe« erleben - für ihn geben sie sich auf. Es sind Frauen, die zerrissen sind zwischen Gefühl und Verstand.

Ein wichtiger Ratgeber ist Ihr Buch! Gleichzeitig aber auch ein Psychogramm der Geliebten. Was war Ihre Motivation, dieses Buch zu schreiben?

Ursprünglich, um Frauen in einer meist aussichtslosen Situation zu helfen und um aufzuzeigen, wie doppelbödig unsere Gesellschaft ist. Dann kam es durch das rege Interesse der Medien zu einem richtigen Coming-out-Effekt bei den Geliebten. Liebe und Geliebte sind ein Lieblingsthema von Talkshows. Allerdings tragen diese Gesprächsrunden kaum zu einer Erhellung bei, sondern bedienen eher die Sensationslust des Publikums.

Bekommen Sie Feedback von ihren Leserinnen?

Ich bekomme seit vielen Jahren mehrere Briefe und Mails pro Woche. Ausnahmslos schreiben mir die Frauen, ihnen habe das Buch geholfen und die Augen geöffnet. Doch damit ist ihr Problem noch nicht gelöst, es müssen Konsequenzen folgen. Einzelne Schicksale habe ich über Jahre mitverfolgt. Der Schritt von der Erkenntnis zur Handlung ist weit.

Raten Sie den betroffenen Frauen zur Trennung?

Sie sollen sich klar machen, wie viel Leben und Lebenszeit sie bereit sind in eine Freundschaft zu investieren, bei der in aller Regel nur sie allein Investitionen leisten. Sie sollen aufhören, die Entscheidungsunfähigkeit ihres Freundes vor sich selbst und anderen zu rechtfertigen, und anfangen, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zuzulassen und ernst zu nehmen. Ich rate ihnen nicht grundsätzlich zur Trennung, auch wenn es am Ende meist genau darauf hinausläuft. Wichtig ist, einen Weg zu finden, zufrieden und ausgeglichen zu leben, ohne Leidensdruck, ohne innere Zerrissenheit, ohne ewige Warterei, ohne Abhängigkeiten und ohne Illusionen.

Oft scheint aber jeder Ausweg verstellt ...

Manchmal ist die Situation so verfahren, dass nur noch eine Psychologin weiterhelfen kann, und deshalb ermutige ich die Betroffenen auch, die Scheu abzulegen, sich fachliche Hilfe zu holen. Die simple Botschaft ist: »Denke darüber nach, was DU willst und wo DU bleibst! Denke nicht mit dem Kopf deines Freundes!« Diese Aufforderung habe ich in der Neuauflage des Buches noch stärker herausgearbeitet. Wichtig ist, dass die Frauen aus der Opferrolle rauskommen.

Das Interview erschien zur Neuauflage des Buchs
in »BoD aktuell«, Ausgabe 21, Herbst 2005.
Die Fragen stellte Ulf Behrmann.